Bertolt Brecht und Konfuzius
- Konfuzius in Hinsicht auf GBA und »Brecht-Computer-Index 98«

Kyoung-Min Joo (Uni. Karlsruhe)

 

Ausgelöst durch die China-Mode der zwanziger Jahre sind zehn Bände über die Religion und Philosophie Chinas im Eugen Diedrich Verlag erschienen. Während des ersten Weltkrieges ist besonders der Missionar Richard Wilhelm durch seine Übersetzung chinesischer Philosophie und Dichter bekannt geworden, der eine neue Periode der Konfuziusverehrung in Deutschland eingeleitet hat.

Ebenfalls durchlebt Brecht diese Konfuziusverehrung in den zwanziger Jahren. Einige Bände davon läßt er in seiner Berliner Nachlaßbibliothek zurück. In seinem Notizbuch äußert sich er bereits 1922 mit einer bemerkenswerten Notiz: "Die Renaissance - Wiederbelebung der asiatischen Antike." (BBA 436/77) So wurde er von der chinesischen Klassik beeindruckt. In der GBA kann man diesen Einfluß überall feststellen.

In dieser Untersuchung »Bertolt Brecht und Konfuzius« handelt es sich um das Fragment »Das Leben des Konfutse«. Vor allem konzentriert sie sich auf die erste Beschäftigung Brechts mit Konfuzius, auf die Frage nach der Quelle des Fragments im bezug auf BBA-Materialien. In der Tabelle 1 zeigt der Quellenvergleich zwischen Crows »Master Kung« und Brechts Fragment deutlich, welche er zur Bearbeitung gebraucht hat. Darüber hinaus zeigt sich in der Tabelle 2, daß Brecht an seinem Fragment mindestens in drei verschiedenen Schritten gearbeitet hat. Daraus stellt es sich als Irrtum heraus, wenn man die BBA-Materialien ohne Vergleich mit Crows »Master Kung« - wie es in der bisherigen Forschung üblich war - zu kommentieren bzw. zu rekonstruieren versucht.

Der vorliegende Aufsatz hat versucht, die »Mauer«, welche die Brecht-Forschung beschwert hat und die noch im Weg steht, in Hinblick auf GBA und »BCI 98« darzustellen; von der ersten »Mauer«, welche zwischen West- und Ostdeutschland lag und inzwischen bereits überwunden worden ist, sind die asiatischen Germanisten, besonders die koreanischen Brecht-Forscher betroffen. Sie haben sich am meistens mit diesem Thema beschäftigt, hatten aber kaum Zugang zum BBA. Daher wurden die meisten Untersuchungen ohne BBA-Materialien behandelt. Die andere sei sicherlich die kulturelle »Mauer«, welche zwischen Westen und Osten liegt. Obwohl die asiatischen Germanisten über 40 Jahre lang in der Brecht-Forschung mitgewirkt haben, unterscheidet das GBA-Register den Nach- und Vornamen der asiatischen Personen, z.B. Mei Lan-fang immer noch nicht (vgl. GBA 30,735;740). Es ist ja eigentlich »common sense«, aber man findet solche Hindernisse in der GBA nicht selten.

Während der GBA-Edition wurde die erste »Mauer« bereits 1989 überwunden. Danach sind BBA-Materialien für jeden zugänglich. Trotzdem zeigen sich im GBA-Kommentar, was Konfuzius bzw. Laotse betrifft, die Schwierigkeiten (vgl, GBA 1,604; 12,366f.; 18,663; 19,616; 26,669) immer noch, welche die koreanischen Brechtianer in den 70er Jahren hatten. Sicherlich gehören diese zur zweiten »Mauer«. Daher sei die zweite die künftige Aufgabe für die Brecht-Forscher des Ostens und des Westens, welche noch überwunden werden soll. Dazu ermutigt Brecht uns durch folgende Verse:

Einst war ich bereit
Umzuwerfen die Mauer
Jetzt bin ich befreit
Da bin ich sauer. (GBA 15,274)

 

Margarete-Steffin-Projekt
Datum der letzten Änderung: 09.09.99